Dr. Kurt Kusenberg
Berlin-Wilmersdorf
Südweststraße 48

10.4.42

Lieber Herr Leitner,

über Ihren Brief habe ich mich sehr gefreut. Wir Schriftsteller haben ein seltsames Handwerk: wir schreiben so vor uns hin, werden gedruckt und erfahren nicht, in welche Hände unsere Bücher geraten und ob sie gefallen oder nicht. Umso schöner ist es für uns, wenn aus der unsichtbaren Leserschar plötzlich einer plastisch heraustritt und einen anredet; und besonders schön ist es, wenn ein Soldat dazu die Lust und Zeit aufbringt. Denn Soldaten sind die besten Leser ,die man sich wünschen kann; sie lesen sehr genau, sie empfinden alles sehr unmittelbar, sie sind gute Richter.  
Am meisten hat mich gefreut, daß ich Ihnen mit meinen Geschichten Freude bereitet habe: Genau das strebe ich an: ich will die Menschen erheitern, verzaubern und entführen, ich will, daß sie nach Sinn und Unsinn nicht fragen, sondern in meine Geisteswelt einsteigen und sie mitmachen. Daß Sie es tun, läßt mich hoffen, daß andere ebenso handeln, und damit wäre ja der Zweck meines Schreibens erreicht.
Ich wünsche Ihnen die beste Gabe, die ein Mensch besitzen kann: Glück auf allen Wegen. Glück im Kriege und später im Frieden. Kommen Sie gesund heim, vergelten Sie zuhause Liebe mit Liebe und verlieren Sie nie den größten Tröster des Herzens, den Humor. Er wird zur Zeit, auch hier in der Heimat, auf harte Bewährungsproben gestellt, aber das schadet nichts, denn was sich bewährt, ist gut und siegt im Leben.  
                                                        Mit bestem Gruß      
                                                                 Ihr  Kurt Kusenberg